Everest: Wo Atmen zur Herausforderung wird
- Roger
- 10. Sept. 2016
- 4 Min. Lesezeit
Mit der zehnköpfigen Reisegruppe, unserem Guide, dem Fahrer und einem Polizisten fuhren wir im Mini-Bus ca. 7 Stunden zum ersten Etappenziel Shigatse. Die Regierung schreibt vor, dass in jedem Bus mit mehr als 9 Passagieren ein Polizist mitfahren muss. Der sollte dafür sorgen, dass der Fahrer die Regeln einhält. Dass der Fahrer aber am ersten Tag ständig am Telefonieren war, weil er sein Sohn aus dem Knast holen musste, störte ihn nicht. Einer aus der Reisegruppe musste ihm sagen, er soll das bitte unterlassen, da die Strecke mit den steilen Abgründen sonst schon unheimlich genug war.
Nach einem weiterem Tempelbesuch, wurden wir ins Hotel gebracht. Unser Zimmer stank schrecklich und der Teppich sah aus, als hätte man auf ihm gegessen und zwar alle drei Mahlzeiten. Das Öffnen der Fenster linderte das Problem auch nicht, im Gegenteil - auf einen Schlag kamen gleich dreissig Fliegen in unser Zimmer und kreisten über unserem Bett. Der Hunger war grösser als der Ärger über unsere Notschlafstelle und deshalb gingen wir ohne zu motzen direkt in ein indisches Restaurant. Während wir assen, stiess ein Pärchen von unsere Gruppe zu uns. David und Sereza ein spanisches Pärchen, das in Katmandu arbeitet. Wir nutzten die Gelegenheit, um unser Spanisch einwenig aufzufrischen.
Früh am morgen und nicht gerade gut erholt, nahmen wir die zweite Etappe zum Mt. Everest in Angriff. Bei den zwei 5000er-Pässe machten wir jeweils eine Fotopause und man merkte schnell, dass hastige Bewegungen nicht empfehlenswert sind.
Kurz vor dem Ziel und nahe an der Grenze zu Nepal war noch der letzte, wichtigste Militärcheckpoint. Alle mussten aus dem Fahrzeug steigen und ihren Pass und das Visum der Armee präsentieren. Während dieser Zeit lacht und spricht man am besten nicht, weil für diese Leute ist Humor, was für uns Chinesisch ist. Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer letzten Kontrolle des Busses durch einen Rekruten, ging es dann endlich weiter Richtung Everest Base Champ. Die Spannung steigerte sich, je näher wir dem Ziel kamen. Die Ungewissheit, ob man den Everest sehen wird oder ob er sich hinter den Wolken versteckt, spürte man bei jedem Mitfahrer. Aber als ich Tashis (unser Guide) Strahlen sah, wurde mir gleich klar, was er gesehen hat. Wir hielten bei der erst besten Gelegenheit an, um den heiligen Berg in seiner ganzer Pracht zu bestaunen und abzulichten. Nach tausend geschossenen Fotos, setzten wir den Weg fort um uns im Camp einzurichten.
In einem Nomadenzelt machten wir es uns bequem. Wir teilten diese spärliche, aber sehr gemütliche Unterkunft mit Gay seinem Vater aus Israel, dem spanischem Pärchen, dem Polizisten und dem Koch bzw. Zeltverwalter. Er versorgte uns mit Nudeln und süssem Buttertee. Leider schlich die Höhe uns langsam in den Kopf. Ich hatte Appetitsverlust und Nadia`s „geschwollenes“ Hirn wollte den Kopf explodieren lassen. An Erholung beim Schlafen war auch nicht zu denken, da gewisse Nachtschwärmer bis um 3:00 Uhr morgens irgend ein Spiel spielten, wo man mit dem Fuss auf dem Boden aufschlagen muss. Als endlich Ruhe einkehrte, drückte der tibetische Tee auf meine Blase, was mich in das frische, kalte Dunkle, weit weg von der schützende Wärme des Zeltes trieb. Aber beim Anblick des Himmels fixierten sich sämtliche Sinne des Körpers auf die tausenden Sterne. Sie funkelten wir verstreute Juwelen und die Kälte war nicht weiter spürbar.
Nach einer kleine Mütze schlaf ging auch schon der Wecker los. Wir machten uns langsam für den Marsch noch näher zum Everest bereit, während der Koch wie ein Stein weiter schlief (der hatte wohl eine strenge Spielnacht hinter sich). Als unser Guide ins Zelt kam und uns fragte ob wir schon gefrühstückt haben, nickten wir lachend zum schlafenden Koch. Nach einem tibetischen Dialog sprang der Koch blitzschnell und in einem Satz in die Küche.
Alle der Truppe ausser Aydin (ein älterer Israeli, der in der Nähe von Shanghai lebt und während der ganzen Nacht eine Flasche Sauerstoff inhalierte), Nadia (ihr Kopf ist auf Medizinball ähnliche Form angeschwollen) und ich (fühlte mich nicht 100% fit) liefen zum Basis Champ. Wir drei nahem einen Bus. Der Berg zeigte sich ihn seiner mächtigsten Gestallt und lies uns alle staunen. Hätte nicht gedacht, das er so eindrucksvoll ist. Wir kauften eine Gebetsfahne und hingen sie signiert zu den anderen. Die abschwellende Tablette von den Spanier wirkte und liess Nadjas Gehirn abschwellen. Auch ich fühlte mich viel besser, weshalb wir auf den Bus verzichteten und zum Camp zurück liefen. Nach dem Rückmarsch zum Zelt, packten wir unsere Sachen und machten uns auf den Weg zurück nach Shigatse. Weil wir eine erholsame Nacht und nicht in einem stinkenden Zimmer schlafen wollten, wechselten wir das Hotel für zusätzliche 200 Yuan. Jeder investierte Rappen hat sich gelohnt.
Die lange Reise zurück nach Lhasa stand bevor. Vorbei an Gletscher, türkisblauen Seen und Nomaden mit Yak- und Schafherden. Die Einheimischen lockten mit traditionellen Kostümen und hübschen Yaks zum fotografieren. Nadia alias Kuhhirtin schwang sich gekonnt auf ein Yak und lies sich ablichten. Auch die grossen Tibet Mastiff haben es ihr angetan und wir posierten für ein schönes Familienfoto. Bei der Rückfahrt legten wir noch einige künstliche Stopps ein (Speedkontrolle). Aber das störten keiner, geflasht von dem schönen Ausflug, waren alle zufrieden. Spät in Lhasa angekommen, genehmigten wir uns gemeinsam mit den Spaniern und Israelis das beste Mahl in der Stadt in der Wohnung bei der Family Kitchen. Die liebe Frau machte für uns Überstunden und auch ihren zwei Kleinen stahlen ihren Schlaf. Bei einigen Flaschen Bier (wir haben uns ja nun an die Höhenkrankheit gewöhnt) liessen wir die wunderschöne Tour Revue passieren.
Comments