Guilin: Reisnudeln oder doch lieber die frische Schlange?
- Nadia
- 10. Aug. 2016
- 5 Min. Lesezeit
Mit der Metro und dem Zug fuhren wir innert 40 Minuten zur chinesischen Grenze bei Shenzhen. Der Grenzübergang funktionierte problemlos. Nun beginnt es also, das Abenteuer China. Wir fühlten uns wie beim ersten Mal auf Reisen. Niemand versteht deine Sprache bzw. Englisch, du verstehst auf all den Anzeigetafeln nicht mal „Bahnhof“ und alle starren uns an, als wären wir Ausserirdische. Man fühlt sich nicht nur wie ein Alien, auf der Immigrationskarte werden die Ausländer sogar als Alien bezeichnet.
Ni hao! Am Bahnhof standen wir schon vor dem ersten Rätsel. Wo fährt unser Zug? Welche Zeichen auf unserem Tickets stimmen mit denen auf der Anzeigetafel überein? Nicht nur die Sprache ist hier eine Herausforderung sondern auch der Weg, bis man endlich im Zug sitzt: Wenn man den richtigen Eingange gefunden hat, geht es durch die Ticket- und Passkontrolle, es folgt der Sicherheitscheck und danach muss man noch dem Zug entsprechenden Warteraum finden, von wo aus es dann direkt auf den Bahnsteig geht. Wir haben es irgendwie geschafft uns sassen im richtigen Warteraum.

Währenddessen ich Instantnudeln und ein paar Snacks für die lange Fahrt kaufte, freundete sich Roger mit Chinesen an. Die Familie wollte Fotos mit uns machen und versuchte mit uns über eine Übersetzerapp auf ihrem Handy zu kommunizieren. Englisch spricht hier wirklich praktisch keiner.
Pünktlich konnten wir in den Zug nach Guilin einsteigen. Die Fahr dauert 13 Stunden über Nacht, weshalb wir uns zwei Betten in einem „Softsleeper“ leisteten. Das sind Viererkabinen mit weichen Kissen und Decken. In den Abteilen mit den Hardsleepern sind mehr Leute und man kein eigenes Abteil, wo man die Tür schliessen kann. Ein ruhigeres Viererabteil? Denkst de! Eine Familie mit zwei Kindern gesellte sich zu uns. Die konnten keine Tickets in der gleichen Kabine mehr kaufen, weshalb die zwei andern Betten in einem anderen Abteil gewesen wären. Leider entschieden sie sich, dass alle vier sich in unserem Abteil breit machen. Als erstes öffneten sie gleich eine Tüte mit in Essig eingelegten Hühnerfüssen. Das Schmatzen ging los und es spritze bis auf mein Bett. Eklig. Als zweiter Gang gab es Instantnudeln — so verpflegt sich jeder im Zug und auch wir. Das Geschlürfe und Geschmatze steigerte sich. Nach dem Essen wäre es an der Zeit gewesen, dass sich ein Elternteil mit einem Kind in das Bett im andern Abteil verzieht. Nichts gewesen. Das Mädchen spielte mit ihrem neuen Spielzeug, welches komische Klingeltöne von sich gab und der hyperaktive Junge provozierte die Mutter solange, bis sie laut den Vater anschrie und der dem Sohn dann den Arsch versohlte. 10 Minuten später wiederholte sich das Ganze. Unsere verständnislosen Blicke liess den Vater nicht davon abhalten, seinen Sohn zu schlagen. Um 10 Uhr wollte ich gerne schlafen und versuchte, dem Herrn zu verstehen zu geben, dass dieses Abteil für vier ist und zwei sich doch bitte in die andern Bette verziehen sollen. Es klappte irgendwie, der Vater verzog sich mit dem Sohn. Bis 2 Uhr war dann Ruhe. Dann kam er wieder rein und die Frau schreite ihn an. Um 4 Uhr stiegen sie dann aus und wir hatten für zwei Stunden unsere Ruhe.
Ziemlich übermüdet kamen wir in Guilin an. Wie vom Hostel angegeben setzten wir uns in den Bus Nr. 100. Klever wie wir langsam sind, haben wir in Google Maps unser Ziel schon in Hong Kong eingegeben, wo wir noch WIFI hatten. Aber Google steht in China unter Zensur, wie auch Google Maps (übrigens auch Facebook, unser Blog und vieles mehr). Scheisse. Wie wissen wir, wann unsere Station kommt? Roger haute ein junger Mann an. Der war überaus nett und freute sich, mit uns Englisch zu sprechen. Auf seiner App verfolge er die Route und sagten uns, wann wir aussteigen müssen. Verwirrt und übermüdet wie wir waren, gingen wir eine Station zu früh aus dem Bus. Nun sind wir da also irgendwo im Nirgendwo in Guilin ohne Google Maps und 25 Kilogramm Gepäck auf dem Rücken. Wir irrten eine Stunde im Zeugs rum, der Schweiss tropfte nur so runter (es ist hier sehr, sehr schwül). Wir waren fix und fertig und wollten vor dem edlen Sheraton Hotel ein Taxi nehmen. Da las ich nochmals den Beschrieb vom Hotel durch. „Gegenüber dem Sheraton Hotel“, stand da. Wie es der Zufall wollte sind wir völlig unbewusst am Ziel angekommen und konnten unser Zimmer beziehen.
Nach einer herrlichen Dusche und einer Mütze Schlaf waren wir bereit für die Entdeckungstour. Wir liefen an einem Ausleger vom Fluss Li Jiang entlang und kamen bei den Seen Shan Hu und Rang Hu vorbei. Eine sehr idyllische Oase mitten in der Stadt. Viele Chinesischen Touristen machen das gleiche, um die Türme Mond und Sonne zu fotografieren. Das ist aber nicht das einzige, was sie ablichten möchten. Es gibt auch einige wenige die den Mut fassen, um uns zu fragen, ob sie ein Foto mit uns schiessen dürften. Eine Damen zerrte uns regelrecht an sich und ihr Mann knipste einige Exemplare. Das war kein Einzelfall. Täglich müssen wir für Fotos hinhalten. Was die wohl damit machen?
Nach dem kleinen Spaziergang wollten wir einen Happen essen An etlichen kleinen Imbissbuden kamen wir vorbei. Viele haben ihre frische Fischen in roten Eimer vor ihrer Tür stehen, die man gleich aussuchen kann. Bei einem glaubte ich zu spinnen. Nein, nicht die Schildkröte oder das Faultier - was schon allein schrecklich ist - schockierten mich. Die hatten eine verdammte Kobra im Angebot. Ich stell mir das so vor: „Sorry, ihr Essen hat mich gebissen und ist nun Richtung Innenstadt gekrochen, vielleicht erwischt ihr sie noch.“
Wir entschieden uns für ein vegetarisches Nudelgericht vom Stand gleich um die Ecke. Reisnudeln sind die Spezialität in Guilin. Man isst sie in diversen Grössen und Formen, gebraten oder in Suppen. Sehr lecker (hao chi). Eigentlich logisch, denn die Chinesen haben ja bekanntlich auch die Spaghetti erfunden. Überhaupt kann man in China super tolle Gerichte essen. Die meisten machen es den Touristen einfach und haben Speisekarten mit den Bilder von den Menüs. Wir haben auch bereits gelernt, dass man mit dem günstigen am besten fährt. Die teuren Speisen sind die exquisiten wie eben Schlange und so. Beim Bummel durch die Stadt haben wir einen Essens-Markt entdeckt. Verschiedene kleine, leckere Portionen für wenig Geld. Für weniger als 1 Franken, gibt es zudem ein grosses einheimisches Bier.
Als Beherrscherin des Affentanzes, war es für mich ein Muss in den Sieben Sternen Park zu gehen, wo es angeblich wilde Affen gibt. Nach einigen Meter weisste ein Schild auf die verspielten Tierchen hin - man soll sich vor ihnen in Acht nehmen. Den ersten Hügel bestiegen wir vergebens - keine Affen. Dafür kündete sich ein Gewitter an.Vielleicht haben die Primaten dass gespürt und haben sich ins Trockene verzogen. Deshalb stiegen wir auch runter vom Hügel und gesellten uns zu den Einheimischen die Schutz unter einem Dach suchten. Was eine weise Entscheidung war. Weil es regnete nicht nur heftig, sonder es stürmte auch stark und die Blitze schlugen im Umkreis von 100 Meter um uns ein. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei und wir setzten die Suche nach den Affen fort. Und siehe da: Eine ganze Horde schwang sich von Ast zu Ast über uns. Wir suchten noch nach Abwehrgegenstände, aber sobald sie uns wahr genommen haben, verzogen sie sich auch schon in das grüne Dickicht.
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