Cook Islands: Regnerisches Paradies mit gefährlichen Kokospalmen
- Nadia
- 22. Juni 2016
- 6 Min. Lesezeit
Nach 10 Stunden Flug über das Meer tauchte plötzlich wie aus dem Nichts eine kleine grüne Insel auf, umgeben von einem Riff und einer hellblauen Lagune. Es schien, als sei das Flugzeug zu gross, um auf Rarotonga zu landen. Aber trotz Wind sind wir sicher angekommen. Kia Orana! Mit dem Mietauto fuhren wir zu unserem Haus direkt am Strand mit wunderbaren Blick auf die Lagune. Da war sogar ein Haustier inklusive. Eine ganz kleine Cookie-Ratte (vielleicht waren es auch mehrere). Zu Beginn war die ganz brav und man sah sie nur auf dem Balkon rumspringen. Seit Roger sie aber füttert, wird sie frech und springt nun die ganze Zeit in der Wohnung herum. Und jetzt ein kleiner Trost für alle in der regnerischen Schweiz. Auch im Paradies auf der anderen Seite der Kugel regnet es viel. Innerhalb der zwei Wochen konnten wir gerade mal an zwei Tagen faul am Strand vor unserem Haus liegen und durch die Lagune schnorcheln. Aber der Blick aufs Meer ist auch bei Regen schön. Zudem blinzelt die Sonne immer wieder zwischen den Wolken durch. Noch nie habe ich so perfekte Regenbogen gesehen wie hier.
Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Man fühlt sich regelrecht wir am andern Ende der Welt. Switzerland? Where is that? Wifi gibt es nirgends umsonst. Man kauft sich teure Megabytes, fährt zum Flughafen, wo es für 48 Stunden 10 MB umsonst gibt oder man lässt es sein und geniesst das Inselleben. Es gibt weder internationale Hotelketten noch Fastfood-Ketten. Zu essen bzw. zu kaufen gibt es, was gerade auf der Insel wächst oder im Meer rundherum schwimmt. Einzig der Wein und das Bier wird von NZ importiert. Obwohl es gibt auch eine eigene Brauerei. Den Einheimischen schmeckt dieses Bier aber angeblich nicht. So ist dies mehr eine Touristenattraktion. Produziert oder zumindest abgefüllt wird auf Nachfrage. So mussten die Herren unsere zwölf Flaschen zuerst fertigstellen. Aber will man nach 15 Uhr da noch Bier holen, steht man vor verschlossener Tür. Aber wir hatten ja Zeit und schauten einfach am nächsten Morgen nochmals vorbei. Generell schliesst alles um 15 Uhr, allerspätestens um 16 Uhr. Und dann ist den Leute da egal, ob ein Tourist noch einen Wunsch hat. Sie haben dann Feierabend. Arbeitszeiten von 9 bis 15 Uhr. Wenn man da nicht im Paradies angekommen ist, wo denn sonst? Die Cookies (wie die Einheimischen sich nennen) schätzen ihre Insel und der Frieden hier, sie finden es aber auch langweilig. Verständlich: Die ganze Insel hat etwa gleich viele Einwohner wie Brunnen, die nächste grosse Stadt liegt aber in Neuseeland, was 4.5 Flugstunden entfernt ist. Man ist hier quasi auf der Insel gefangen.
Doch was macht man auf dieser kleinen Insel, wenn es zu kühl ist, um am Strand rumzuliegen?
Nach zwei Tagen tauschten wir unser Auto gegen einen Roller. So sind 80 Prozent der Einheimischen hier unterwegs. Mehr braucht man nicht. Es gibt nämlich genau eine Strasse die führt in 32 Kilometer einmal um die Insel. Die Rollervermietung meinte, dass wir den Scooter nicht abschliessen müssen, denn gestohlen wird da nichts. Parken sollten wir einfach nie unter einer Kokospalme, denn die runterfallenden Kokosnüsse seien das einzige gefährliche auf der Insel. Wenn es dann wiedermal stark regnet, nimmt man des Bus in die „Stadt“. Der fährt zwei Routen: Im und gegen den Uhrzeigersinn einmal um die Insel.
Wir starteten auch einen Versuch, die Insel auf dem Cross-Island-Track zu Fuss zu durchqueren. Die Wanderung führt von unserem Zuhause in die Stadt über einen rund 500 Meter hohen Gipfel. Die Schweizer Wanderfreunde verliefen sich bei der ersten Abzweigung. Der Aufstieg war plötzlich so steil, dass ich mehrmals zurück rutschte. Keine Ahnung, wo wir waren auf alle Fälle hatte ich keine Lust den selben steilen Weg runter zu laufen. Aber wir gelangten auf dem Gipfel an eine Sackgasse und mussten wohl oder übel umkehren. Den Rückweg meisterte ich auf dem Hintern. Als wir dann wieder auf dem richtigen Weg unten waren, war es bereits zu spät, um noch bei Tageslicht ans Ziel zu kommen, also machten wir rechtsum kehrt. Der Wille wäre da gewesen und immerhin haben wir uns ein wenig sportlich betätigt (geschwitzt habe ich wohl mehr vor Angst). Ansonsten waren wir ziemlich faul. Wir fuhren mindestens 30 Mal um die Insel und schnorchelten täglich mindestens einmal (auch wenn es kalt war) in der Lagune. Sonst liessen wir Krebse für uns rennen. Wir machten uns einen Spass daraus, Einsiedlerkrebse zu fangen und die dann gegeneinander rennen zu lassen. Keine Angst, wir sind noch nicht verrückt, aber ist vielleicht doch gut, bleiben wir nicht länger als zwei Wochen auf dieser kleinen Insel.
Eigentlich gibt es sonst wirklich nicht viel zu machen und doch hatten wir immer etwas zu tun. Eine Lieblingsbeschäftigung von Roger war das Sammeln und Aufschlagen von Kokosnüssen. Die hatten wir dann im Überfluss. Doch zwei Wochen nur Kokosnuss zu essen, wäre auch langweilig. Also mussten wir einkaufen. Was man im „normalen“ Leben so nebenbei erledigt, wird hier plötzlich zur Tagesaufgabe. Wir kauften das Nötigste im Supermarkt ein, den „Grosseinnkauf“ machten wir auf dem Samstagsmarkt. Das ist eine Mischung aus vielen Essständen, Ukuleleverkäufern, Perlenhändler, Bäcker und natürlich Bauern, die ihr Gemüse oder Ziegenfleisch verkaufen. Da stärkt man sich mit einem deftigen Frühstück wie zum Beispiel einem Raro-Kebab und dazu trinkt man lokalen Kaffee aus der Nachbarinsel.
Beinahe täglich schauten wir beim Fischverkäufer „Ocean Fresh“ vorbei. Der Name hält sein Versprechen. Da gibt es den besten frischen Thunfisch, den ich je gegessen habe. Yelllow Fin Tuna - zarter als jedes Rindsfilet. Aber gegen den Schluss hatten wir eine Überdosis an Fisch. Wie mussten ihn beinahe runterwürgen. Da stiegen wir um auf Hühnerfleisch. Die Hühner laufen hier übrigens überall wild herum. Wir haben nicht rausgefunden, ob die Besitzer haben oder ob sich da jeder bedienen kann. Wir kauften unser Hühnerfleisch auf jedenfalls im Supermarkt und das war ebenso günstig wie der frische Fisch.
Eine unserer weiteren Lieblingsbeschäftigungen war die Ausfahrt zum „Sonnenuntergangs“-Cocktail auf der anderen Seite der Insel. Da wurden wir eines Abends sogar zu den Hauptdarstellern in einem Werbefilm für das Restaurant Waterline. Ab und zu leisteten wir uns ein Abendessen in einem guten Restaurant, um die Inselküche kennenzulernen. Man isst hier hauptsächlich Fisch mit Brotfrucht als Salat oder vom Grill. Ika Mata - roher Fisch in einer Sauche aus Limetten und Kokosmilch mit frischen Zwiebeln ist auf jeder Speisekarte zu finden. Oder auch Ruku, eine Art Spinat. Einmal besuchten wir die Show mit traditionellen Tänzen. Es ist schon sehr interessant, wenn die Einheimischen musizieren, schreien, ins Muschelhorn blasen und tanzen. Sowohl Männer als Frauen sind übrigens sehr korpulent. Da fragt man sich, ob die Menschenfresserwitze, die sie immer wieder machen, wirklich Scherze sind oder ob die nicht doch etwas Wahres haben. Aber wenn sie dann auf ihrer Ukulele spielen (jeder Mann besitzt hier mindestens eine) und dazu romantische Lieder singen, hat das wiederum etwas sehr Herziges.
Die Cook Islands bestehen aus 14 weiteren kleinen Inseln - viele davon unbewohnt und für Touristen unerreichbar. Die mit der schönsten Lagune und den Trauminseln, wie man sie aus Reisekatalogen kennt, ist Aitutaki. Lange haben wir überlegt, ob wir den teuren Tagesausflug dahin machen sollen. Und zum guten Glück haben wir das gemacht. Das war das echte Highlight der zwei Wochen. Wir verliessen Rarotonga frühmorgens bei strömendem Regen. Auf Aitutaki erwartete uns traumhafter Sonnenschein und eine warme Lagune zum Schnorcheln und baden. Mit einem Boot fuhren wir den ganzen Tag durch die Lagune und machten Stops zum Schnorcheln und die kleinen Inseln zu erkunden. Am Abend flogen wir dann (leider) wieder zurück nach Rarotonga. Für eine Weile regten wir uns auf, dass wir nicht ein paar schweineteure Nächte auf dieser Trauminsel buchten.
Aber man kann nicht alles haben. Dank dem Regen konnten wir die Reiseführer von Neuseeland und China bis aufs letzte Detail lesen. Rarotonga wollte uns nicht als Regeninsel in Erinnerung bleiben. Am letzten Tag zeigte sich die Insel und das Wetter von der besten Seite: Spiegelglatte Lagune, windstill und Sonnenschein. Schön war es! Doch es war noch nicht ganz vorbei. Das grösste Abenteuer war dann noch die Fahrt mit allem Gepäck auf dem Roller zum Flughafen. Ein grosser Rucksack vorne zwischen Rogers Beinen, mein grosses Monster an meinem Rücken und der kleine Rucksack zwischen uns. Roger musste letztendlich nachdem wir eingecheckt hatten, nochmals fahren, um seine Ledertasche zu holen. Die hatte bei der ersten Fahrt keinen Platz. Zum Glück hatte der von LA kommende Flieger Verspätung. Ansonsten hätten wir nämlich glatt das erste Mal einen Flug verpasst!
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