Vilcabamba: Dorf der Hundertjährigen, der Cowboys und der Kaktus-Trips
- Roger
- 10. März 2016
- 4 Min. Lesezeit
„Vilcabamba, das Dorf der Hundertjährigen“, so der Slogan. Aufgrund des angenehmen Klimas, der guten Luft und des mineralhaltigen Hahnenwassers direkt aus den Anden, leben die Leute hier überdurchschnittlich lange. Das klingt nach der richtigen Erholung nach den anstrengenden Höhenwanderungen. Da wollen wir hin. Auf der Landkarte ist Ecuador eigentlich ein kleines Land (zumindest im Vergleich zu den anderen südamerikanischen Riesenländer). Aufgrund der hügeligen Anden dauern Busfahrten trotzdem immer sehr lange. Rund fünf Stunden fuhren wir von Cuenca bis zur Unterkunft Izhcayluma in Vilcabamba. Ein Paradies: Grosses Areal mit schönen Cabanas (Bungalows) mit Hängematten, nettem Pool und genügend unberührter Natur für viele Vögel und noch mehr Mariposas. Die Besitzer sind aus Deutschland, dementsprechend sah auch die Speisekarte aus. Das kam uns sehr gelegen und wir freuten uns auf eine Abwechslung (nebst der italienischen Küche ;)) mit Käsespätzle, Rindsgulasch mit Knödel und Stroganoff.
Vielleicht ist der El Nino vorbei, oder wir haben einfach Pech mit dem Wetter. Auf jeden Fall, regnete es täglich und zwar nicht wenig. Trotzdem wollten wir was unternehmen und wir starteten eine kleine Wanderung. Beim ersten Abstecher in die Wildnis sumpften wir knietief ein. Nur mit letzter Kraft konnte ich Nadia aus dem Dreck ziehen (Kommentar Nadia: Es war nicht so schlimm - einfach gruusig). Auf Befehl von Nadia traten wir den Rückzug an und gingen ins Dorf. Weil dort der Präsident von Ecuador eine Rede schwang, versammelten sich Scharen auf dem schlammigen Fussballplatz. Auch wir wollten den mächtigen Herrn von Nahem sehen, obwohl wir nichtmal seinen Namen kannten. Nicht nur ganz Vilcabamba war da versammelt wohl auch alle Polizei- und Sicherheitskräfte aus einem Umkreis von 200 Kilometern. Nadia’s Tasche wurde bis aufs kleinste Detail durchsucht. Weshalb wohl? Keine Sau interessierte sich nämlich für mich.
Vilcabamba und vor allem das Hostel ist sehr entspannt, so blieben wir fast eine Woche. Leider konnten wir keine Wetterschöcker konsultieren und so war es immer ein Ratespiel, ob und wann wir was draussen unternehmen konnten. Aber am Dienstag meinte es Petrus endlich mal gut mit uns. Zum ersten mal war der Himmel am frühen Morgen wolkenlos und wir machten spontan eine Reittour. Zum Wasserfall und zurück. Ob wir gute Erfahrungen haben mit Pferden? Ich sagte: „Ja, mit Kräuterbutter, Grillkartoffeln und einem Glas Rotwein dazu.“ Nein, natürlich hab ich mir den Witz verkneift. Mit Gummistiefel und Cowboyhut ausgestattet ging es zu den gesattelten Pferden. Fernando, der Cowboy, gab uns noch einige Anweisungen, wie die Dinger funktionieren und wo sich der Not-Stopp-Knopf befindet.
Da kann’s ja los gehen. Nach einigen Metern wurde mir klar, das mein Gaul nicht auf mich hört, sondern nur auf die Anweisungen des Guides. Egal, solange wir vorankommen und sich das Tier anständig benimmt. Da hatte das Pferd von Nadia einiges mehr Power. Sie hatte anscheinend Mühe im Galopp den geforderten einen Meter Abstand zu meinem Gaul zu halten. Nach etwa 45 Minuten ging es bergauf, aber wirklich steil bergauf über Stock und Stein. Das sind richtige Mountain-Pferde. Ich suchte bereits den Allrad, da stoppte mein Gaul. Ich glaub wegen Überhitzung. Dachte nicht, dass er es überlebt. Hörte nämlich noch nie ein Pferd so atmen und sein Plus warf mich fast vom Sattel. Als Nadia sich erkundigte, ob das für die Pferde nicht zu anstrengend sei, meinte Fernando, das sei gut für die, da sie danach wieder drei Tage auf der Weide fressen und nichts anderes machen. Ach ja, meiner hiess Indio und der von Nadia hiess Trevor - ein Stürchli mit vier linken Beinen. (Anmerkung von Nadia: Ich hatte schon Bammel, dass der auf dem Grat über einen Stein stürchelt und wir gemeinsam den felsigen Berg runterfallen. Deshalb redete ich ihm immer ganz lieb zu, er soll gut auf den Boden schauen.) In der Hälfte angekommen, durften sich die Pferde ausruhen sowie mit Wasser und Gras stärken, während wir zum Wasserfall runter liefen. Nach einer Pause und einer Abkühlung unter dem Wasserfall gingen wir zurück zu den gut erholten Transportmitteln. Der Weg zurück wahr nicht minder. Da das Abwärtsgehen mehr Technik beansprucht, konnte ich meine Stärken im Reiten präsentieren. Auf offener Naturstrasse ging es dann richtig los. Fernando galoppierte voraus. Sehr witzig, wenn jeder den andern überholen will, aber zugleich jedes Pferd das vorderste sein will. Zum Glück konnten wir aufgrund des vielen Regens in den letzten Tagen nur die kurze Tour von vier Stunden machen. Mir schmerzt der Arsch heute noch und die schmerzlindernde Cocasalbe ist bald aufgebraucht. Da hat es Nadia mit ihrem Polster besser, die merkt nichts davon.
Nur so nebenbei: Viele Touristen kommen nach Vilcabamba, um während einer Zeremonie mit einem Schamanen einen psychedelischen Kaktus zu essen. Buen provecho! Dieser Kaktus hat bei gewissen Touris wohl langanhaltende und negative Nebenwirkungen. Es hat nämlich schon sehr viele komische und hangengebliebene Gestalten in diesem Dorf.
Nun geht es auf die Galapagos. Nadia freut sich schon seit Ewigkeiten darauf, weil sie dort endlich wieder ihre Verwandten, die Blaufusstölpel, trifft. Die nächsten fünf Tage sind wir auf einer Jacht. Befehl vom Kapitän Nadia: Wer kotzt, wird über Bord geworfen.
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